In diesem Beitrag geht es um das Thema Aktienbewertung. Genauer gesagt um eine spezielle Art Unternehmensgewinne zu berechnen und zu nutzen. Diese Berechnungsart hat Warren Buffet geprägt und publik gemacht: Wir sprechen hier von den Owner Earnings.
Im Folgenden Artikel schauen wir uns an, was Owner Earnings sind und stellen zwei Wege vor, wie du die Eigentümergewinne berechnen kannst. Wir gehen danach ein Beispiel durch und zeigen, wie du diese Gewinne für deine Aktienbewertung nutzen kannst.
Inhalt
Was sind Owner Earnings?
In der Regel kennen die Finanzmedien und die Wallstreet nur eine Kennzahl, um den Erfolg und den Misserfolg eines Unternehmes zu bewerten: Den EBIT aus der Gewinn- und Verlustrechnung. Das Problem dabei? Der EBIT lässt sich mit buchhalterischen Tricks schön rechnen. So können hier Gewinne verbucht werden, für die das Geld erst im nächsten Jahr fließt und für die die Gewinne aber bereits in der GuV verbucht worden sind.
Während die Finanzmedien sich also meistens an den schön gerechneten Gewinne aus der Gewinn- und Verlustrechnung aufhängen, handelt es sich bei den Owner Earnings um den tatsächlichen Cashflow, der an Eigentümer eines Unternehmens fließt. Diese Kennzahl macht deutlich, wie viel Geld ein Unternehmen tatsächlich verdient und lässt sich einfach berechnen. Im Gegensatz zu den berichteten Gewinnen eines Unternehmens, die oft durch Abschreibungen und andere Buchhaltungstricks beeinflusst werden können, geben die Owner Earnings einen unverwässerten Blick auf finanzielle Gesundheit eines Unternehmens. Denn hier wird der wahre Geldfluss betrachtet.
In anderen Worten handelt es sich bei den Owner Earnings im Wesentlichen die tatsächlichen Einkünfte eines Unternehmens, die für die Aktionäre, also Eigentümer des Unternehmens generiert werden. Es handelt sich einfach gesagt dabei um den Betrag an Cashflow, den ein Unternehmen in einem bestimmten Zeitraum generiert hat. Und zwar nach Abzug aller Ausgaben, die notwendig sind, um das Unternehmen am Laufen zu halten und zu wachsen.
So berechnest du die Owner Earnings
Um Owner Earnings zu berechnen, gibt es zwei Möglichkeiten. Eine etwas aufwändigere Methode bei der du Daten aus der Gewinn-und Verlustrechnung, sowie der Kapitalflussrechnung benötigst. Und eine einfache Methode mit daten aus der Kapitalflussrechnung. Zunächst schauen wir uns die aufwändigere Methode an.
Wir starten mit der aufwändigeren Buffet Methode.
Owner Earnings nach Warren Buffet
Warren Buffet nutzt hierfür folgende Formel.
Owner Earnings = EBIT + Abschreibungen und Amortisation - Kapitalausgaben (Investitionen in Sachanlagen) + Änderung des Betriebskapitals + weitere bargeldlose Buchungen
Diese Formel beinhaltet die vier Variablen Nettogewinn, Abschreibung und Amortisation, Kapitalausgaben, sowie Veränderungen des Betriebskapitals. Diese schauen wir uns nun im Folgenden an.
Das EBIT
Das EBIT eines Unternehmens ist der Betrag, der übrig bleibt, nachdem alle Kosten und Ausgaben von den Einnahmen des Unternehmens abgezogen wurden. Dies umfasst auch buchhalterische Kosten, wie Abschreibung und Amortisation.
Um den EBIT, also den Gewinn des Unternehmens, zu berechnen, zieht das Unternehmen alle Kosten von seinen Einnahmen ab. Dies umfasst z.B. Kosten für Rohstoffe, Gehälter, Miete und alle anderen Betriebsausgaben inkl. Abschreibungen und Amortisation. Das Ergebnis ist der Gewinn des Unternehmens vor Steuer (EBIT).
Abschreibung und Amortisation
Bei den Posten Abschreibungen und Amortisationen handelt es sich um die systematische Verteilung der Kosten für Vermögenswerte oder immaterielle Vermögenswerte über ihre Lebensdauer. Der Hauptzweck von Abschreibungen und Amortisationen besteht darin, den tatsächlichen Wertverlust von Vermögenswerten über einen bestimmten Zeitraum zu berücksichtigen und steuerlich geltend zu machen.
Bei Abschreibungen handelt es sich um die Verteilung der Kosten von Vermögenswerten, die für eine lange Zeit genutzt werden, auf ihre Nutzungszeit. Es handelt sich um eine systematische Verringerung des Buchwertes von Vermögenswerten wie Gebäuden, Maschinen, Fahrzeugen oder Computerhardware im Laufe ihrer Nutzungsdauer. Die Abschreibungen werden normalerweise in der Anlagenbuchhaltung erfasst und zeigen an, wie viel von der ursprünglichen Investition in den Vermögenswert abgeschrieben wurde. Abschreibungen werden in der Regel als Aufwand in der Gewinn- und Verlustrechnung verbucht und reduzieren dadurch das Nettoeinkommen des Unternehmens. Hier fließt kein Cash, sondern es handelt sich nur um reine Buchhaltung, um weniger Steuern zu zahlen.
Bei der Amortisation handelt es sich um die systematische Verteilung der Kosten von immateriellen Vermögenswerten auf einen bestimmten Zeitraum. Dazu gehören z.B. Patente, Lizenzen, Markenrechten oder Software-Lizenzen über ihre Nutzungsdauer. Ähnlich wie bei Abschreibungen wird die Amortisation als Aufwand in der Gewinn- und Verlustrechnung verbucht. Dadurch reduziert sich auch hier wieder das Nettoeinkommen des Unternehmens. Im Gegensatz zu Abschreibungen haben immaterielle Vermögenswerte jedoch keine physische Existenz, und ihr Wert kann oft schwer zu bestimmen sein. Die Amortisation kann auf unterschiedliche Weise berechnet werden. Je nachdem, wie der Wert des immateriellen Vermögenswertes über die Zeit abnimmt.
Kapitalausgaben bzw. Investitionen in Sachanlagen
Bei den Investitionen in Sachanlagen handelt es sich um den Kauf oder die Investition in materielle Vermögenswerten wie Gebäuden, Maschinen, Fahrzeugen oder Computerhardware, welche zur Erzeugung von Gütern oder Dienstleistungen verwendet werden. Diese Investitionen sind oft langfristig und erfordern beträchtliche finanzielle Mittel, um das Anlagevermögen des Unternehmens zu erweitern oder zu modernisieren. Bei diesen Investitionen handelt es sich um Anlageinvestitionen, damit das Unternehmen weiterhin seiner betrieblichen Tätigkeit nachgehen kann.
Bei der Verwendung der Investitionensausgaben im Rahmen der Owner Earnings bietet es sich an, Mittelwerte aus den letzten Jahren zu nutzen, da diese von Jahr zu Jahr stark schwanken können.
Änderung des Betriebskapitals
Die „Änderung des Betriebskapitals“ bezieht sich auf die Veränderung des Betriebsvermögens (auch als Umlaufvermögen bezeichnet) und der kurzfristigen Verbindlichkeiten eines Unternehmens. Das Betriebskapital ist das Kapital, das ein Unternehmen benötigt, um seine laufenden Geschäfte und Operationen durchzuführen. Es handelt sich dabei um die Differenz zwischen dem Umlaufvermögen und den kurzfristigen Verbindlichkeiten.
Wenn das Betriebskapital zunimmt, gibt es zwei Möglichkeiten. Entweder ist das Umlaufvermögen des Unternehmens gestiegen, oder die kurzfristigen Verbindlichkeiten des Unternehmens sind gesunken. Eine Zunahme des Betriebskapitals bedeutet zunächst, dass Unternehmen über genügend Liquidität verfügt, um seine laufenden Geschäfte zu finanzieren. Eine Abnahme des Betriebskapitals kann auf Finanzierungsschwierigkeiten des Unternehmens hinweisen, sodass es Schwierigkeiten hat, seine kurzfristigen Verbindlichkeiten zu begleichen.
Die „Änderung des Betriebskapitals“ wird bei der Berechnung der Owner Earnings berücksichtigt, da sie Auswirkungen auf den Cashflow des Unternehmens hat. Eine positive Änderung des Betriebskapitals würde zu einem höheren Cashflow führen, während eine negative Änderung des Betriebskapitals zu einem niedrigeren Cashflow beitragen würde.
Weitere bardgeldlose Buchungen
Bardgeldlosen Buchungsposten (non-cash Charges) umfassen unter anderem Vergütungen des Managements durch Aktienpakete. Diese werden direkt durch das Unternehmen bezahlt und verwässern damit das EBIT. Bei
Beispiel zur Berechnung der Owner Earnings anhand der Buffet Formel
Schauen wir uns nun im Folgenden ein Beispiel zur Berechnung der Owner Earnings an.
Wir betrachten das Unternehmen XYZ GmbH für das Jahr 2021. Die Buchhaltungsunterlagen für dieses Unternehmen zeigen folgende Zahlen:
- Einkommen (EBIT): 500.000 Euro (zu finden in der Gewinn- und Verlustrechnung / Earnings Statement)
- Abschreibungen: 250.000 Euro (zu finden in der Gewinn- und Verlustrechnung / Earnings Statement)
- Änderung des Betriebskapitals: 50.000 Euro (zu finden in der Bilanz und der Kapitalflussrechnung / Balance Sheet bzw. Cashflow Statement)
- Kapitalausgaben/Investitionen: 150.000 Euro (zu finden in der Anlagenbuchhaltung oder in der Kapitalflussrechnung / Cashflow Statement)
Um die Owner Earnings für XYZ GmbH zu berechnen, wenden wir nun die Formel an:
Owner Earnings = Nettoeinkommen + Abschreibungen + Änderung des Betriebskapitals - Kapitalausgaben (Investitionen in Sachanlagen)
Daraus ergibt sich:
Owner Earnings = 500.000 Euro + 250.000 Euro + 50.000 Euro – 150.000 Euro = 650.000 Euro
Das bedeutet, dass XYZ GmbH im Jahr 2021 650.000 Euro für die Eigentümer des Unternehmens erwirtschaftet hat. Anhand des Ergebniss sehen wir , dass die Gewinne der Eigentümer höher sind, als die offiziell gemeldeten Gewinne.
So berechnest du die Owner Earnings am einfachsten
Neben der Buffet Formel zur Berechnung der Owner Earnings gibt es aber noch einen einfacheren Weg. Und zwar durch einen Blick in die Kapitalflussrechnung (Cashflowstatement) des Unternehmens.
Da wir hier die echten Kapitalflüsse direkt vorfinden, lassen sich auch die Gewinne der Eigentümer recht einfach berechnen. Dazu suchen wir uns zunächst den Cashflow aus laufender Geschäftstätigkeit (Cash from Operating Activities) heraus. Dieser beinhaltet bereits die Veränderungen im Betriebskapital.
Owner Earnings = Cashflow aus laufender Geschäftstätigkeit - Investitionen in Sachanlagen
Jetzt müssen wir hier nur noch die notwendigen Investitionsausgaben abziehen und erhalten die Owner Earnings. Diese decken sich in der Regel auch mit dem freien Cashflow (Free Cashflow), den du auf viele gängigen Finanzplattformen findest.
Hier am Beispiel von Tradingview.


Wie du Owner Earnings bei der Aktienbewertung nutzt
Die Gewinne der Eigentümer kannst du nun zur Bewertung von Aktien nutzen. Hierfür gibt es zwei gute Optionen.
Zum einen kannst du die berechneten Gewinne in deiner Discounted Cashflow Analyse (DCF) als Input für den Cashflow nutzen. Mit dem DCF errechnest du dann den fairen Wert der Aktie für Wachstumsunternehmen bzw. für Unternehmen, für die du die Wachstumsrate schätzen kannst.
Zum anderen lassen sich die Owner Earnings nutzen, um damit das Owner Earnings Yield zu berechnen. Hierbei handelt es sich um die Rendite, die du als Eigentümer auf die erzielten Gewinne deines Unternehmens erzielst. Einen umfassenden Artikel zum Owner Earnings Yield folgt noch.
Zusammenfassung und Fazit
Mit der Berechnung der Owner Earning lassen sich die wahren Gewinne ausfindig machen, die ein Unternehmen für seine Eigentümer generiert. Für die Berechnung der Eigentümergewinne haben wir zwei Möglichkeiten vorgestellt. Zum einen den Weg, den Warren Buffet bevorzugt. Hierbei wird das gemeldete EBIT genutzt und dient damit als Basis zur Berechnung der Owner Earnings.
Zum anderen haben wir einen einfachen Weg zur Berechnung über die Kapitalflussrechnung (Cashflow Statement) vorgestellt. Die meisten Finanzplattformen stellen ausreichend Finanzkennzahlen zur Verfügung, um diese einfache Berechnungsart zu verwenden.
Nachdem du die Eigentümergewinne berechnet hast, lassen diese sich bei der Berechnung des fairen Untenehmeswert mit der Discounted Cashflow Analysis nutzen. Eine weitere Möglichkeit zur Nutzung des Owner Earnings ist die Berechnung des Owner Earnings Yield.
Zusammenfassen können wir also sagen, dass Warren Buffet mit den Owner Earnings ein hilfreiches Werkzeug für alle Value Investoren geschaffen hat, das bei der Bewertung des fairen Wertes eines Untenehmens nicht mehr weg zu denken sind.